Mittwoch, 6. Februar 2008

Dr. Kong schreibt Tagebuch

Das mit der Vergeistigung hat irgendwie nicht geklappt. Den halben Tag turnt man auf weißen Liegen rum, die restlichen Stunden verbringt man dann mit elektronischer Korrespondenz und dem (legalen!) Runterladen der neuen Clinic-Single, die phantastisch ist.

Ist sonst noch was passiert?

Fettes Brot haben ihr neues Album in New York mastern lassen. Und die komischen Typen im neuen Video sind tatsächlich Modeselektor.

Während ich Montag auf der weißen Liege meiner blinden Therapeutin zur Lymphdrainage saß, lief doch tatsächlich auf Bayern 3 Rilo Kiley! Als ich die zum letzten Mal gehört habe, waren sie ein weiteres Pferd im rustikalen Stall von Connor Oberst. Hab sie im Orange House mal live gesehen. Und jetzt Bayern 3? Auch gut.

Philipp ist kurz davor, Opfer eines Vitamintabletten-Schneeballsystems zu werden. Du drehst unbescholtenen Bürgern soundsoviel überteuerte unwirksame Pillen an, und schon bist du reich und berühmt. Wenn er die Dinger Paul, dem Truck Stop-Lieder singenden und uns mit seiner Krankheit-Als-Weg-Doktrin auf die Nerven gehende Reha-Buddha, andrehen kann, ist er ein gemachter Mann. Der Typ ist seit fast zwei Jahren hier, einen Großteil der Zeit hat er selbst bezahlt. Verdammt ist Grey's Anatomy wieder spannend. Denke ich mir mal. Ich kucke sowas ja nicht. Ich unterstelle Paul-San jedenfalls die Hybris, nicht wirklich nach Hause zu wollen. Der Zen-Meister sollte mal an seiner Hosenschlange ziehen. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte doch Medizin studiert. Dann wäre ich jetzt cooler Hirnchirurg oder so was. Paul würde jetzt sagen: Nichts geschieht ohne Grund.

Mein chronisch müder Dämmerzustand lässt heute leider keine anderen Aktivitäten als in die Glotze kucken zu...hätte den Simpsons-Film gestern nicht kucken sollen...Spider-Pig, Spider-Pig...

Spongebob als Geist ist bis jetzt der deutliche Höhepunkt gewesen. Im Moment dümpele ich vor einem saublöden Kinderfilm herum über Nessie und eine besserwisserische Strebergöre namens Tim, der seinen Vater sucht, der wiederum das Monster von Loch Ness sucht und einen unglaublich schlechten C-Promi-Gollum, der bestreitet, ein Hobbit zu sein uns sich als Druide ausgibt. Ihr seht, mein Zustand ist bedenklich. Falls ich das nicht überlebe, zerstreut die Asche meiner David Bowie-Platten über dem Hudson River. Jetzt redet der Nessie-Forscher über Dave Brubeck. Ist der bärtige Typ, dessen wichtige Funktion sich am Ende des Films plötzlich herausstellen wird, Maximilian Schell oder doch bloss dieser ZDF-Fuzzi? Lebt Maximilian Schell überhaupt noch? Hat der nicht damals diese Marlene-Dietrich-Interview-Geschichte gemacht? Oder doch bloss der doofe Dietel?

Wohlwollend könnte man diesen Müll als unter-der-Woche-Höhepunkt des unfreiwilligen Trash bezeichnen. Herr der Ringe meets Heiße Zitrone-Product Placement. Dorkas Kiefer in ihrer bisher größten Rolle als blondes Dummchen, das am Ende mit dem fiesen Juppie-Forscher bricht, weil der voll skrupellos ist.

In der Werbepause berichte ich vom Faschingsdienstag in der Rehaklinik. Die gesamte Ergotherapie-Belegschaft kam im Schlafanzug zur Arbeit. Paul-San kam mit schwarzledernem Cowboyhut, eine ähnliche Idee hatte wohl auch der ärztliche Direktor, als er gegen elf beim Auftritt der Bad Endorfer Prinzengarde gesichtet wurde. Nicht von mir, ich konnte leider dem munteren Treiben nicht beiwohnen, da ich einen Massagetermin wahrnehmen musste. Adrian erzählt mir von seinem tollsten Faschingserlebnis: Mehrere betrunkene, weiße Münchener Karnevalisten tun das, was sie tun, als plötzlich ein Schwarzer an ihnen vorbeigeht mit den Worten: "Ihr habt ja überhaupt keinen Funk, Mann!" Sowas sollte viel öfter passieren.

Die Erkennungsmelodie von E wie einfach (Strom-Oligopolist) mit seinen eindeutigen Kraftwerk-zu-Radioaktivität-Zeiten-Reminiszenzen gefällt mir. Sollte ich mal samplen. No samples cleared sollte mal auf einem Plattencover stehen. Der Telekom hingegen, die ihre neuen Internet-Pakete mit 'Paint It Black' von den Stones bewirbt, wünsche ich für die nächste Tarifrunde extrem zähe Gewerkschafter. Und den Stones, dass sie sich die Rechte für den Song mit extrem schnell an Wert verlierenden Telekom-Aktien vergütet haben lassen. 'Das neue Lenor Shangri-La aus der Mystery-Collection' lasse ich einfach unkommentiert hier stehen. Und wirken. Um 21:55 hat Deutschland den Kampf um die Rückeroberung der polnischen Gebiete mit dem Abschuss mehrerer Tausend Pommersche-Leberwürste gestartet.

Diese blöde Todesszene habe ich weder erwartet noch verdient. Moment, vielleicht kann das der Möchtegern-Gollum ja wieder kitten? Wusst ichs doch. Aber was geschieht jetzt mit dem bösen Mann? Aber jetzt kommt erstmal die Verkündung der Tatsache, dass der Maximilian Schell-Typ niemand geringerer als der berühmte Merlin ist. Und er hat einen Karate-Anzug an!

Jetzt kommt Akte '08, ich flüchte ins Bad zu meiner elektrischen Zahnbürste noch während dem ersten Einspieler über tödliche Bikinizonen, der mit diesem fiesen Keinohrhasen-Hit unterlegt ist. Danach eine sehr objektive Berichterstattung über den Ort in Rumänien, an dem das neue Nokia-Werk gebaut wird. Titel: Arbeitssuche in Draculas Heimat. Wäre witzig, ist aber dank unverhohlenem Rassismus überhaupt nicht komisch. Das stinkt gewaltig. Versteht man das unter dem Begriff 'Service-Doku'?

Gute Nacht. Wenn ich morgen abend nicht mit Deleuze-Exegese beschäftigt bin, steht Dsds auf meinem Speiseplan. Lecker.

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