Sonntag, 16. März 2008

Gefährliche Selbstversuche IV: DSDS II (abgebrochen)

Große Katastrophen werfen lange Schatten. Ich hatte mir letzte Woche geschworen, mich nie wieder der Perversion DSDS auszusetzten (Gorilla Radio berichtete).
Jetzt lege ich nach langem Marsch die Beine hoch und schalte unbedarft die Glotze ein und werde mit DSDS-Das Magazin konfrontiert, genauer gesagt mit der Talk-Box, in der Fans ihren Lieblingen Nachrichten übermitteln können.
Dagegen sind David Romeros Zombie-Filme Berichte aus dem Streichelzoo.
Elfjährige Akneopfer, die Culcha Candela singen; Tussis, deren Kreolen einen größeren Umfang als ihre Köpfe haben und die in einer Sprache sprechen, von der ich nur verstehe, dass sie den Bär weghaben wollen.
Ein gewisser masochistischer Hang regt sich in mir und will ganz im Sinne Rimbauds sich auch dieses Gift einverleiben; aber diese Droge macht nicht aus Holzscheiten Geigen sondern aus ganzen Orchestern ein Häufchen Asche.
Wenn ich mein Wort breche, werde ich wichtige Teile meines Gehirns gefährlicher Assimaterie aussetzen und möglicherweise bleibende Schäden davontragen. Außerdem läuft auf 3Sat eine Doku über Shakespeare. Und ich habe 'Mullholland Drive' auf DVD. Ich könnte auch Seiken Denetsu 3 auf meinem Super Nintendo-Emulator spielen. Oder Truman Capote lesen. Oder Kapielski.

Ich schäme mich für den bloßen Gedanken...
...ich kann's ja auf die Mediakamente schieben...

Wie komme ich jetzt aus der Nummer wieder raus? Ich bereite mich schon mit Werbung-Kucken vor und spüre, wie mein Hirn aufhört zu strampeln und in sanfte Hypnose verfällt; was bleibt, ist ein schlechter Geschmack auf der Zunge.
Bei Explosiv Weekend lässt sich eine Steuerfachgehilfin in Photoshop die Titten vergrößern und findet's toll; auch ihr Freund hält die retuschierten Aufnahmen für "makelloser". Sie ist einfach nur dumm; er ist ein Arschloch.

Ah, der DSDS-Dscheidschei. Der hat Stress in der Beziehung, weil er Stress hat mit seiner "Berühmtheit". Keine Angst, das dauert nicht lange...

Doofgefasel. Aus Nichts wird heiße Luft gemacht. Sensodyne Proschmelz. "Ich wollte doch diese Trägheit loswerden." Mein Gehirn hört doch nicht auf zu strampeln. Im Gegenteil. Mit jedem weiteren Spot wird die Übelkeit unerträglicher. Ich kann ja in den Werbepausen Shakespeare kucken, vielleicht hilft das.

Deutschlands berühmtestes Hartz-IV-Kind aus Berlin Marzahn bekommt in ihrem Bericht Hintergrundmusik aus Schöneberg (Sido) und Versailles (Air). Ihre Mutter sagt, ihre Tochter möchte ein "Baldrian" über ihrem Bett. Im Kühlschrank gibt's Margarine und Insulin. Jetzt fehlt nur noch, dass die Hartz-IV-Jasmin "mit den traurigen Augen" von einer Zukunft bei DSDS träumt.

"Ich hab' Kinder, da muss man sich die Brüste einfach machen lassen." Aber das T-Shirt mit dem Botox-Schriftzug will ich auch haben. Echt!

"Zehn Sekunden haben wir noch. Fünf, vier, drei, zwei, eins, gleich geht's los: Werbung!" Jetzt geht wieder alles von vorne los... "Nach diesem Spot geht's weiter!" Noch kann ich ausschalten...

Die heutige Sendung wird von Guido Westerwelle moderiert. Das Motto heißt... (schaut auf sein Kärtchen) aktuelle Hits!

Der Bär trägt Lederjacke. Es folgt: Die Weltpremiere des gemeinsamen Top Ten-Songs. Eine sogar für Bohlen-Verhältnisse an Einfallslosigkeit und Kopiererei kaum zu überbietende Schmalznummer in schlimmster "We Are The World"-Tradition inklusive Rückung nach dem zweiten Refrain, und alle, ausnahmslos alle Teilnehmer beweisen in drei Minuten, dass sie gesichtslose, charakterlose Opportunisten sind. Als hätte man was anderes erwartet...der Text ist so bescheuert, dass er schon wieder gut ist: "Learn To Fly Alone" sollen die Kandidaten, als wären sie alle Küken, die Diede so lange mit seinen mit der Pest befallenen Ohrwürmern füttern muss, bis sie flügge werden...um als seine Marionetten weiter zu arbeiten, bis sie vom Ast fallen.

Weiter mit dem Auftritt Fadys (der Name ist Programm). The man from Lebanon. Klingt, als wäre seine Stimme mehrmals gedoppelt. Ist wahrscheinlich auch so. Bei der letzten Sendung haben sie ja auch direkt nach den Performances die Aufnahmen davon abgespielt...
Ich finde, er hat gut geknödelt. Lieblings-Juroren-Zitat: "Du warst gut,weil du dich ja auch noch weiterentwickelst." Aber der Diede schießt den Vogel ab, als er, ganz Underground-Künstler, sich darüber beschwert, dass man immer vorgefertigte Superstars aus den USA vorgesetzt bekommt, man aber mit DSDS seinen eigenen machen kann. Außerdem bescheinigt er Fady, er könne ja der Schnulzenkönig der Staffel werden, was er natürlich nicht mal negativ meint. Punkt für Diede.

Der Benni Herd ist auf der Hauswirtschaftsschule (wo soll er mit dem Namen auch sonst hin?), weil er sich unter lauter Mädels nicht so beweisen muss. Spricht der Möchtegern-Macho (mit unverkennbarem Gay-Faktor), weshalb er von mir Extra-Punkte für unfreiwillige Queerness bekommt. Diede macht ihm große Hoffnungen wegen seinem Showpotenzial ("Vom Fliegenfurz zum Superstar" -das wär' doch auch ein prima Songtitel).

WERBUNG: L'amour est un trésor. Klar. Oder ein Auto. Die sind ab sofort gut für die Umwelt und mit Panorama-Windschutzscheibe ausgestattet, da sieht man die Windräder neben der Autobahn besser. Und C&A hat jetzt Bio-Baumwolle.

Weiter geht's im geschmacklosesten Licht der Welt mit dem Dscheidschei Alfons, der heute fünfhundert Prozent geben will. Er ist nämlich ein sehr empfindsamer Mensch und muss das in den Griff bekommen, weil's um die Zukumft geht. Er singt den Keinohrhasen-Song. Er versucht's zumindest. Zum unglaublich schlecht gemachten Kitsch-Playback trifft er keinen Ton und sieht wie gewohnt aus wie eine Kuh mit Magengeschwüren. Im weißen Anzug. Grotte. Auf die Bären-Aussage, er hätte scheiße gesungen, nickt er wie immer sehr devot und lächelt brav. Eklig. Der Diede mag ihn zwar, muss aber auch zugeben, dass ditt nüscht war.

Rania Zerebri wagt sich an "Rehab" ran, passt aber ganz und gar nicht in diese Stiefel, da nimmt sie definitiv die falschen Drogen (wir erinnern uns: Sie wurde auf Ibiza gecastet). Very unglaubwürdig. No, no, no. Diede sagt, das klänge eher nach Lassie als nach Amy. Word. Die Frau da in der Mitte sagt, Pocahontas wäre zurück und ihre Bewegungen süß, auch wenn's nicht so ganz zum Songtext gepasst hätte...is' ja nicht so schlimm.

Linda Theodizeo. Opa und Mama sind gespannt. Die haben aus Versehen das echte Playback von der Aguilera laufen lassen, oder? Nein? Tja...ok, sie kann tatsächlich Christina Aguilera singen. Supi. Ich schalte um auf die Reichskristallnacht.

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