Samstag, 8. März 2008

Dr. Kong sieht...Der Mann ohne Vergangenheit


Ich habe einen wunderbaren Film gesehen. 'Der Mann ohne Vergangenheit' von Aki Kaurismäki.
Diese Langsamkeit. Pure Poesie. Unaufgeregt. Keine Hysterie. Und dabei so urkomisch. Ich kann gar nicht benennen, woher dieser Humor kommt, der in jeder Einstellung, jedem Blick, jedem gesprochenen Satz liegt...das ist ein Dauerzustand; some may call it 'Finnishness'. Doch das ist nur die Oberfläche.


Ein Mann verliert nach einem Schlag auf den Kopf seine Erinnerung und landet an Orten in Helsinki, die verdammt nahe am Ende der Welt zu liegen scheinen. Er wird die Liebe finden, einen blutrünstigen Kampfhund, der keiner ist und eine Jukebox (spricht man hier so wie man's schreibt; überhaupt: Unbedingt auf Finnisch mit Untertiteln kucken, nur so erfährt man beispielsweise, dass 'Rock'n'Roll-Manager' auf Finnisch 'Rockch-än-Rol-Manäkex' heißt. Zumindest spricht man's so aus.). Die spuckt Rock'n'Roll und Rhythm and Blues aus, aber auch die restliche Musik im Film (Streicher und ein Akkordeon zum Beispiel) ist sehr schön. Ein sehr langes, sehr langsames Musikvideo. Die Magie verrosteter Bagger und Container, in denen Suppe gekocht wird oder Braten, die nicht gelingen können. Unser Held wird von der Heilsarmee einen Anzug erhalten, wie ihn auch Tokyo Sex Destruction gerne hätten. Er wird sich revanchieren, in dem er der Haus-Kapelle den Rock'n'Roll beibringt („Von Rock haben wir schon gehört“), was selbstverständlich niemals funktionieren kann. Spätestens das ist dann der Beweis, das wir es tatsächlich mit dem Aki Kaurismäki zu tun haben, der für 'Leningrad Cowboys' verantwortlich zeichnet.


Viel mehr möchte ich eigentlich nicht verraten, das müsst ihr schon selbst herausfinden. Außer vielleicht...


In einer Szene von ein paar Minuten werden sämtliche Gerichts- und sonstige Juristenfilmchen lächerlich gemacht.


Der Film besteht fast nur aus coolen Sprüchen. Meine Lieblinge:


„Gib mir eine halbe Kartoffel gegen den Skorbut.“

„Die Ehe ist heilig. Ich habe den Zugfahrplan mit.“

Ein wenig fühlt sich der Film an wie eine finnische (schon wieder dieses Wort, man mag es mir vergeben) Version von Down By Law, Mystery Train und Broken Flowers gleichzeitig. Und Coffee And Cigarettes. Nur ohne Kaffee. Dann wäre unser Protagonist Billi Mürraxi, und irgendwie passt das ja auch.


Nie wieder Dogma. Der Film ist so langsam, dass man meint, durch die Leinwand/den Bildschirm in den Film steigen zu können. Ich will in diesen Container und die Jukebox bedienen. Und Suppe essen.

'Der Mann ohne Vergangenheit' ist reich an großen aber subtilen Momenten, der beste aber kommt ganz zum Schluss, in der letzten Einstellung: Wir befinden uns an einem nächtlichen Bahnhof. Wie am Ende von 'Moderne Zeiten' geht unser Held Hand in Hand mit seiner Liebsten einem Fluchtpunkt entgegen (der irgendwo hinter einer Scheune liegt), aber von ihrem Schlendern sieht der Zuschauer nicht viel, da ein Güterzug vorüberfährt. Abblende. Ein Song zum Abspann.

Ganz, ganz groß.

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